Im Zuge der Entwicklung der Regenerativen Landwirtschaft, über die im EMJournal 74 berichtet wurde, hat sich eine besondere Form der Bodenaktivierung entwickelt: der Komposttee. Dabei handelt es sich um eine aerobe Vermehrung von Mikroorganismen aus gutem Kompost mithilfe von Melasse sowie anderen Zusatzstoffen.

Um besser zu verstehen, bringe ich einige Gedanken zur dynamischen Landwirtschaft vorweg: Rudolf Steiner hat in seinen landwirtschaftlichen Kursen die anthroposophische Landwirtschaft propagiert. Zentraler Bestandteil dieses Vorgehens sind verschiede Präparate, die zu bestimmten Zeitpunkten und Anlässen auf Boden und Pflanzen gesprüht werden.
Eine zentrale Position nimmt das Präparat 500 ein, das Hornmistpräparat. Für die Herstellung wird ein Kuhhorn mit frischem Kuhmist gefüllt und bei Vollmond an guten, humosen Stellen auf dem Acker vergraben. Nach einer gewissen Reifezeit wird es ausgegraben und der Inhalt in ein Fass mit chlorfreiem Wasser gegeben. Das Präparat wird anschließend über längere Zeit gerührt und zwar so, dass beim Rühren liegende Achten gebildet werden. Nach Abschluss dieses Vorganges wird das Präparat auf den Ackerboden ausgebracht.
Die Erklärungen, die Steiner damals für die Anwendungen gegeben hat, sind sehr esoterisch und unter heutigen Gesichtspunkten nicht wirklich nachzuvollziehen. Mir geht es darum, dass das Ausbringen dieses Präparates eine Bodenaktivierung bewirkt, die – wenn alle anderen Bedingungen erfüllt sind – einen dauerhaften Aufbau von Humus zur Folge hat. Dies zeigt sich unter anderem in den Ergebnissen des Schweizer DOK-Versuchs – Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), der seit mehr als vierzig Jahren dynamische, organische und konventionelle Landwirtschaft miteinander vergleicht. Ein aufschlussreiches Kurzvideo über den DOK- Versuch zur biologischen und konventionellen Landwirtschaft im Langzeitvergleich findet sich hier.
Die dynamische Landwirtschaft macht offensichtlich vieles richtig, wenn es um den Erhalt der Böden geht. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die ähnliche Vorgehensweise bei der Herstellung von Komposttee.
Beim Komposttee wird möglichst guter, hofeigener Kompost verwendet, ungefähr 500 Gramm je 100 Liter Wasser. Dazu kommen 500 Gramm Melasse und – je nach Rezept – weitere Zutaten wie Gesteinsmehle, BioAktiv oder Huminsäuren. Mit einer Heizung wird das Wasser auf einer Temperatur von circa 28 Grad gehalten. Eine Aquariumpumpe bläst Luft in den Behälter und sorgt dafür, dass sich die Mikroben vom Kompost trennen und sich frei im Wasser verteilen. Nach etwa 18 bis 24 Stunden ist der Komposttee bereits fertig und wird möglichst zügig auf dem Feld ausgebracht, je nach Verwendungszweck entsprechend verdünnt.
Bei manchen Kompostteebehältern wird durch eine sich konisch verjüngende Form des Behälters ein Wirbel erzeugt, der eine weitere Anreicherung mit Sauerstoff bewirkt und das Wasser zusätzlich dynamisiert.
Im Gegensatz zur dynamischen Landwirtschaft unterliegt die Herstellung von Komposttee keinerlei Beschränkungen bezüglich Zeit, Menge oder Art der Ausbringung. Erfahrungsberichte zum Komposttee ähneln eher denen aus dem Bereich der EM-Anwendungen als der dynamischen Landwirtschaft. Fast immer wird die bessere Fähigkeit zur Wurzelbildung der Pflanzen erwähnt. Mehr Wurzeln deuten auf ein aktiveres Bodenleben und schnellere Umsetzungsprozesse hin, sorgen für eine bessere Durchlüftung und letztendlich für mehr Biomasse im Boden, die zum Humusaufbau weiter genutzt werden kann. Im Bereich des Pflanzenschutzes stellt der Komposttee eine sehr unspezifische Methode dar, die viel Erfahrung braucht und durch gezielte Maßnahmen ergänzt werden sollte.

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Ist Komposttee jetzt das bessere EM?
Nein, Komposttee ist die andere Seite der gleichen Medaille. Ziel beider ist, die Vielfalt im Boden zu stärken. Da gehören sowohl aerobe als auch anaerobe Mikroorganismen dazu und es gibt fließende Übergänge.
So sind in EM beispielsweise aerob lebende Hefen enthalten, während es im Komposttee sicherlich anaerob lebende Milchsäurebakterien gibt. Beide Verfahren – sowohl Komposttee als auch die EM-Technologie – haben ihre Stärken und ein Landwirt ist gut beraten, diese zum richtigen Zeitpunkt und nach seinen Bedürfnissen einzusetzen. Dass Komposttee keinen Widerspruch zu EM darstellt, zeigt die Produktpalette verschiedener Hersteller. Zum einen werden sowohl EM-Fermenter als auch Kompostteebereiter einträglich nebeneinander angeboten. Zum anderen werden Sets vertrieben, die zunächst eine normale EM-Zubereitung enthalten, in die frischer Gras- und Kräuterschnitt (=hofeigene Bakterien), Huminsäure sowie verschiedene weitere Zusätze zur Fermentation gegeben werden.
Es ist ein interessanter und spannender Ansatz, beide Verfahren zusammenzufassen und zu vereinfachen. Über gewonnene Langzeiterfahrungen wird im EMJournal zum gegebenen Zeitpunkt berichtet.
Autor
Herbert Rohde