Ein mit EM geführter Kompostierungsstall

Silofreie Milch durch EM-Gras im Sommer, Heu im Winter

Silofreie Milch durch EM-Gras im Sommer, Heu im Winter

Schon beim Betreten des Betriebs fehlt etwas: Der Geruch. Nichts als frische Luft. Erstaunlich, denn vor mir stehen und liegen etwa 30 Kühe. Ich besuche den vermutlich weltweit ersten Kompostierungsstall zur Erzeugung silofreier Käsereimilch. Darf ich einen Blick in die Zukunft der Milchviehhaltung werfen?

Pionier Lorenz Egli aus dem St. Galler Dorf Rossrüti zumindest möchte keinesfalls mehr zurück zum Anbindestall. Im Gegensatz zu diesem können sich die Kühe jetzt frei bewegen und nach Lust und Laune in der Sonne oder im Schatten liegen. Ein Laufstall ist heute keine Innovation mehr, das Neue liegt im Untergrund. Die meisten Laufställe haben Betonboden und eingestreute Liegeboxen. Lorenz Egli entschied sich für Kompost als Einstreu.

Bauer Egli auf EM-Kompost-Einstreu

Bauer Egli auf EM-Kompost-Einstreu

Er konzipierte in mehrjähriger Planungszeit – da es noch kaum Berater mit dem entsprechenden Wissen gab – einen offenen Zweiraumstall mit befestigtem Fressgang und freier Liegefläche von 450 m², auf der die Einstreu durch Verdunstung abtrocknet. Gestartet wurde im März 2015 und bereits nach zwei Monaten waren erste Resultate sichtbar. Es gab keine chronischen Entzündungen mehr bei den Kühen, die Zellzahl in der Milch sank, d.h. die Tiere waren gesünder.

Neues Konzept fürs Einstreu

In diesem Stall wird als Einstreu der abgepresste Fermenterausschub (50-60% Trockensubstanz) einer regionalen Biogasanlage als Kohlenstoffquelle verwendet. Dieser noch nicht fertige Kompost wird dann mit Kot und Urin der Kühe als Stickstoffquelle und bei regelmäßiger Anwendung von EM unter Erwärmung im Stall weiter kompostiert. Um ein gutes C:N-Verhältnis zu erreichen, werden von Zeit zu Zeit Holzhackschnitzel nachgestreut.

Grubber zur Kompost-Einarbeitung

Grubber zur Kompost-Einarbeitung

Was hier so einfach erscheint, ist eine komplexe Zusammenarbeit von Mikrobiologie im Kompost, Temperatur und Sauerstoff. Vor allem die mit dem Gärgut der Biogasanlagen eventuell eingebrachten käseschädlichen anaeroben Keime sowie die Mastitiserrreger dürfen nicht aus den Augen verloren werden. Der Fermenterausschub wird deshalb sofort ausgebracht und locker gehackt, um der Chlostridienvermehrung vorzubeugen, die nur anaerob leben.

Zudem wird EM eingebracht. Im Stall wird die Einstreu zweimal täglich während der Melkzeiten mit einem Grubber tiefgründig bearbeitet, um genug Luft für den Verrottungsprozess einzubringen. Den Rest erledigen die Kühe beim Herumlaufen. Sie selbst erhalten täglich bei der Fütterung ihr EM.

Insgesamt ist die Gesundheit der Tiere sehr gut, seit sie sich auf dem Kompost bewegen. Sie haben keine Lahmheiten und keine Mastitis. Die Kühe kalben in der Gruppe ab ohne menschliches Zutun, was heutzutage nicht selbstverständlich ist. Die Futterverwertung ist sehr gut, da dank EM im Kompost das damit gedüngte Gras sauber ist und viel weniger aussortiert wird; außerdem wird die Verdauungsleistung der Tiere verbessert. Auffallend ist das saubere Fell der Kühe. Erstaunlich auch die Ruhe der Tiere, wenn Fremde in ihr Reich kommen. Beim Betreten des Auslaufs fühlt es sich an als ob man auf Waldboden läuft und das Untersuchen des Einstreumaterials kostet keine Überwindung: es hinterlässt keine stinkenden Hände, sondern einen angenehmen Geruch nach Erde.

Für Lorenz Egli hat sich das Risiko gelohnt: „Es ist ein Gewinn für Mensch und Tier.“ Dieses Stallkonzept bereitet weniger Arbeit als vorher, die Tiere sind gesünder und die Unterhaltskosten niedriger.

Hervorragender Dünger

Kräftiger Mais dank Kompost

Kräftiger Mais dank Kompost

Im Frühling 2016 wurde erstmals ausgeräumt und der Kompost sowohl auf eigenem Boden als Dünger für die Obstanlage, die Weiden und den Maisacker verwendet wie auch an ein Gartencenter verkauft. Also erfolgte noch eine Besichtigung der Obstbaumanlage mit völlig gesunden Bäumen und lockerem, humosem Boden. Anschließend schauten wir ein Maisfeld an, auf dem der Kompost ausgebracht worden war. Dort kommt man ins Staunen über die Höhe und Stärke der Pflanzen, die Gesundheit, das intensive Grün, die enorme Blattbreite – Fotosynthese – und die Anzahl der Maiskolben pro Pflanze, die sich zwischen drei und sechs bewegt, und die bis in die Spitze mit Körner besetzt sind. Auf Nachfrage bestätigt Lorenz Egli, dass der Ertrag höher  liege denn je.

Alles in allem präsentiert sich hier ein Betrieb mit gesunden Tieren und Pflanzen bei guter Wirtschaftlichkeit, wie wir ihn uns in Zukunft zum Wohl aller wünschen.

geruchsarmer EM-Kompost

geruchsarmer EM-Kompost

Martina Schwegler

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