Das Naturhaus um den Römerofen

Gartenseite des Naturhauses im Abendrot

Gartenseite des Naturhauses im Abendrot

Über den Römerofen wurde im EMJournal bereits mehrfach berichtet. Es handelt sich um einen Speicher-Grundofen, der als Grundheizung ein ganzes Haus heizt und zudem über mehrere Nutzungsebenen als Back-, Pizza- und Räucherofen sowie zum Niedertemperaturgaren verfügt.

Auf Anregung des EM-Beraters Michael Acker wurde 2013 erstmals EM Keramik-Pulver in den Tonerde-Zement eingebracht, aus dem dieser Ofen gefertigt wird. Die Firma Römerofen sieht durch die Einbringung des EM-Keramikpulvers klare Vorteile in der Fertigung und setzt es seither als feste Rohstoffkomponente ein.

Der Entwickler des Ofens, Reiner Trinkel aus dem Pfälzischen Obrigheim, ist nun einen Schritt weitergegangen. Weil er den zunehmenden Einsatz hochkomplexer Technik am Bau für fragwürdig hält, hat er eine weitere Entwicklung auf den Weg gebracht, das Römerofen-Naturhaus.

In der Tat waren es Widersprüche bei einem eigenen Bauvorhaben, die den Anstoß für den Bau dieses Hauses gaben. Warum, fragte sich der studierte Betriebswirt, müssten z. B. einerseits zigtausende von Euros in die Dämmung investiert werden, um Heizkosten zu sparen, während die neue Heizungsanlage doppelt so teuer komme wie vor 10 Jahren – obwohl sie deutlich weniger leisten müsse?

Oder warum sollte das Gebäude derart hermetisch abgedichtet werden, dass die Installation einer Lüftungsanlage mit komplexer Steuerung und einem Gewirr von Rohrleitungen notwendig geworden wäre, über deren Innenleben er in einigen Jahren besser nicht nachdenken wolle?

Trinkel entwickelte daraufhin die Idee eines massiven Holzhauses mit großer Werkstatt, umlaufenden Balkonen, einem Grasdach und einem Römerofen als zentraler Heizquelle, das zeigen soll, wie ein wertbeständiges, weitgehend energieautarkes Haus für Baukosten unter 1.800,- Euro/m² realisierbar ist.

Die zum Einsatz kommenden Techniken sollten nach ihrer Natürlichkeit, besonderen technischen Einfachheit und Wertbeständigkeit ausgewählt werden. Als Baumaterialien mit einem Anteil von mindestens 95% an der Baumasse sollten ausschließlich Holz, Lehm, Naturkalk und Glas sowie Mutterboden zur Dachbegrünung zum Einsatz kommen. An Farben sollten Leinölfarben für die Fassade und Kalkmilch bzw. Kaseinfarben in den Innenräumen verwendet werden.

Folgende Vorgaben flossen in das Gesamtkonzept ein:

– 100% Rückbaubarkeit, also minimaler ökologischer Fußabdruck ohne Beton-Hinterlassenschaften im Erdreich

– Recyclingquote von 95%

– Maximale Ressourcenschonung durch minimalen Materialeinsatz

– Verzicht auf wassergeführte Heizsysteme

– weitgehende Energie-Autarkie durch eigene Stromerzeugung (Photovoltaik plus Lithium-Batteriespeicher), in Verbindung mit dem Römerofen als Wärmequelle zum Heizen und Kochen

– Warmwassererzeugung mittels elektrischem Durchlauferhitzer und Wasservorwärmung im  400 L Pufferspeicher mittels Sonnenstrom

– gesundes, behagliches Wohnklima durch die Kombination von Holzwänden (außen) Lehmsteinwänden (innen) und der Infrarot-Strahlungswärme des Römerofens (ergänzt durch eine Infrarot-Dachflächenheizung)

– Das Grasdach soll einen positiven Beitrag zum Mikroklima leisten

– Durch die Einbeziehung von Anbauten wie Carport, Vorratslager und Geräteschuppen in das Gründach-Konzept und deren Umwandlung in eine Dachgartenlandschaft, sollte eine zusätzliche Gartenfläche von 160 m² geschaffen werden.

– Verwendung von EM-Produkten in den Farben und im Kalkputz

Neuland auch für den Architekten

Einen Mitstreiter und Spiritus Rector für sein Projekt fand Trinkel ausgerechnet in einem Kunden, dem Architekten Tobias Weyhe aus Quedlinburg. Weyhe hat sich seine Sporen bei Renovierungsprojekten in der Welt-Kulturerbe-Stadt Quedlinburg verdient, konnte aber als gelernter Zimmermann auch seine Erfahrungen im Massivholzbau einbringen. Gemeinsam entwickelten sie das Römerofen-Naturhaus-Konzept, das eine ganze Reihe von Besonderheiten aufweist, die teilweise zuvor noch nie getestet wurden.

Dies gilt insbesondere für die Außenwände. Hier kam erstmals eine doppelschalige Massivholz-Brettschichtwand zum Einsatz. Durch Einbau einer speziellen Luftkammer-Reflektionsfolie im Zwischenraum konnte die Dicke dieser Wand auf gerade mal 21 cm minimiert werden, davon sind 5 cm im wesentlichen Luft. Da die beiden jeweils 6 und 10 cm starken Brettschichtwände der finnischen Fa. Stora Enzo im Wesentlichen aus Abfallbrettern gefertigt werden, konnte eine der Hauptforderungen, die maximale Ressourcenschonung, bestmöglich erfüllt werden.

Die Fundamentarbeiten begannen am 5. April 2016, 20 Tage später erfolgte die Anlieferung der vorgefertigten Wandelemente und bereits Ende September konnte mit dem Einzug begonnen werden. Der Innenausbau ging auch deshalb so zügig voran, weil es Architekt Weyhe gelungen war, einen Großteil der Ausbau-Elemente wie Treppenstufen, Türen, Arbeitsplatten, den begehbaren Kleiderschrank und sogar zwei Zwischenwände aus den Ausschnitten für die Türen und Fenster „herauszuschachteln“ – also wertvolle Bauteile aus Abfall-Elementen gleich mit produzieren zu lassen, bevor sie im Shredder gelandet wären.

Ausgeklügelte Bauweise sorgt für Ressourcenschonung

Ausgeklügelte Bauweise sorgt für Ressourcenschonung

Die ersten Erfahrungen

Aber wie wohnt es sich nun im Römerofen-Naturhaus? Haben sich die hohen Erwartungen an Wohnqualität und Raumklima erfüllt? Und wie vor allem hat sich das ungewöhnliche Heizkonzept bewährt? Nach gerade einmal dreieinhalb Monaten Winterhalbjahr (Anfang Oktober bis Mitte Januar) hält Trinkel die Zeit für ein Resümee noch nicht gekommen. Freimütig räumt er Fehler ein, wie sie bei einem solchen Pilotprojekt vermutlich unvermeidbar sind. So ist das Haus aufgrund der hölzernen Geschoßdecke relativ hellhörig. Ein etwas stärkerer Bodenaufbau mit mehr Trittschallmasse wäre angezeigt gewesen. Auch die Verlegung der Elektrokabel zum Teil auf Putz aufgrund des unerwartet zügigen Fortschritts gleich zu Beginn der Baumaßnahmen war eigentlich nicht vorgesehen.

Treppe aus Fensterausschnitten

Treppe aus Fensterausschnitten

Positiv hingegen die Kostenseite: Hier bleibt man trotz zahlreicher nachträglicher Änderungen sogar noch unter den Erwartungen. Auch was das Raum- und Wohnklima angeht, zeigt sich der Ofenfachmann begeistert. Die fest eingeplante Anschaffung einer Dunstabzugshaube wurde dank der regulierenden und geruchsbindenden Wirkung der massiven Lehm- und Holzwände sowie der EM-optimierten Putze und Farben erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben.

Von den drei Öfen war bisher – trotz einiger Kälteperioden mit Nachttemperaturen unter -10° C – lediglich der Große Ofen in Betrieb. Bei zwei bis drei Holzauflagen pro Tag lag die Temperatur im gesamten Haus bei nahezu konstant 22°C, die Temperaturdifferenz zwischen den kältesten und wärmsten Räumen betrug max. 3 Grad. Der Holzverbrauch lag bei knapp vier Schüttraum-meter. Im Bad lief begleitend die Elektroheizung als Fußboden- und Duschwand-Heizung mit. Bei extremen Minusgraden schaltete sie sich gegen Morgen manchmal auch in anderen Räumen zu. Der Stromverbrauch betrug im Beobachtungszeitraum (4.10.16 bis 15.1.17) exakt 1644 kW. Das entspricht einem Verbrauch von ca. 160 l Heizöl. Für eine Wohnfläche von 260 m² ein fast schon zu vernachlässigender Wert.

Überdachte Arbeitsfläche an der Hausrückseite

Überdachte Arbeitsfläche an der Hausrückseite

Reiner Trinkel

 

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