Nachdem ich ein Buch mit dem Titel Genial gärtnern mit Strohballen von Joel Karsten in die Finger bekam und dieses in kürzester Zeit durchgeackert hatte, juckte es arg in meinen Fingern, das Gelesene auszuprobieren. Das war im März letzten Jahres und somit die günstigste Zeit, dieses neue Wissen sofort in die Tat umzusetzen. Bald lagen ein Quader Weizenstroh (200 x 60 x 80) und vier kleine Haferstrohballen (80 x 50 x 35) in unserem Garten. Bereits vier Tage nach Buchkontakt konnte das Experiment also starten.
Vorbereitung
Erst muss man die Ballen gut wässern und alle 2-3 Tage Dünger einspülen, mineralischer Volldünger, evtl. Rasendünger – natürlich ohne Unkrautvernichter – dann dauert die Vorbereitung zwei Wochen. Ich hab mich aber für die Biovariante entschieden und Biodünger eingespült. Dann verlängert sich die Vorbereitungszeit auf drei Wochen. Aufgelöste Düngepellets oder Vinasse eignen sich hierfür hervorragend. Wer will, kann natürlich auch eine Mischung aus Horn-, Knochen- oder Blutmehl einbringen. Auch EM verteilte ich auf die Ballen und in kleinen Mengen fermentierte Pflanzenkohle.
Bereits in den Wochen der Vorbereitung merkte ich, dass zu lasch gepresste Ballen nicht so gut geeignet sind. Während sich meine vier kleinen Haferstrohballen im Inneren kein bisschen erwärmten, erhitzte sich der große Weizenstrohballen innerhalb von 5 Tagen auf fast 60°C. Da kapitulierte erst mal ein Teil der eingebrachten Mikroorganismen.
Pflanzen und Säen
Nach diesen 3 Wochen – die Temperatur hatte sich mittlerweile normalisiert – konnte ich beginnen die Ballen zu bepflanzen. Erste Versuche machte ich mit Kohlrabi, Kraut und Salat. Die Entwicklung der Pflanzen war eher dürftig. Kalte Witterung gab den Pflanzen zum Teil den Rest. Auch an den Seiten gepflanzte Erdbeeren wuchsen nicht wie erwartet. Vor allem an den kleinen Haferstrohballen gab es Wachstumsprobleme und die Ballen wurden durch den Verrottungsprozess im Inneren immer weicher.
Als nächstes pflanzte ich selbst gezogene Wirsing- und Blumenkohlpflanzen. Eine handvoll Erde in den Strohballen pro Pflänzchen ohne Wurzelballen reicht aus. Diese Pflanzen wuchsen gut an und entwickelten sich recht gut, was zeigt, dass eine längere Vorbereitungszeit dem besseren Anwachsen der Pflanzen dient. Kartoffeln und Maiskörner werden einfach in die Ballen gesteckt. Beide zeigten sich relativ rasch an der Oberfläche. Zum Aussäen von Karotten, Lauch, Rote Beete und Radieschen brachte ich eine ca. drei cm hohe Substratschicht auf dem Strohballen auf, um die Samen darauf dünn zu verteilen. Anschließend wurden sie mit einer dünnen Substratschicht abgedeckt. Die Saaten keimten überraschend schnell.
Als nächstes folgten Tomaten und Paprika. Das Wachstum der Tomaten wurde schnell klar sichtbar, nur die Paprikapflanzen zierten sich etwas. Diese Pflanzen wurden mit Vlies abgedeckt. Seitlich ist immer Platz, um niedrig wachsende Blumen zu pflanzen. Ende April, Anfang Mai ging es dann weiter mit Kürbis und Zucchini. Sie wurden mit dem Wurzelballen bis in das weiche, verrottende Stroh gedrückt, fertig. Die Zeit der Wurzelbildung dauert scheinbar erst mal etwas länger, aber dann geht’s richtig los. Ab Ende Mai explodierten die Pflanzen förmlich. Der Fruchtansatz war beträchtlich und die Pflanzen blieben frei von Krankheiten und Schädlingen. Bei dieser Art des Gärtnerns gibt es übrigens fast kein Unkraut.
Ernten
Anfang Oktober hab ich die Strohballen abgeerntet, zurück blieb ein wunderbar verrottetes Material, ideal zum Mulchen oder auch zum Einarbeiten in die Erde. Die Erde wird dadurch aufgelockert und es gibt jede Menge Nahrung für Mikroben und Regenwürmer, die von unten bereits in den Strohballen gewandert waren.
Empfehlenswert ist diese Art des Gärtnerns vor allem für jene, die wenig Möglichkeit haben, irgendwo ein Beet anzulegen, aber viel versiegelte, spricht geteerte oder gepflasterte Fläche haben. Hier kann man wunderbar Strohballengärten anlegen. Eine nahe Wasserversorgung ist aber wichtig.
Insgesamt gesehen finde ich das Gärtnern auf Strohballen eine gute und sehr spannende Idee. Nur ist die Anschaffung von Strohballen mit 24 € für den großen und je 2 € die kleinen und von Dünger mit etwa 20 € relativ teuer. Achten Sie beim Kauf von Strohballen darauf, dass diese richtig fest gepresst sind. Und wenn möglich bei Bauern kaufen, die keine oder wenig Chemie auf ihren Feldern ausbringen. Und doch ist Gemüse, selbst gezogen ohne Chemie, frisch geerntet und verzehrt, ein unbeschreiblicher Hochgenuss. Und das Beobachten von Wachstum und Reifen von Gemüse ist für mich am Abend, nach einem stressreichen Tag, sehr entspannend, egal ob in Erde oder auf Stroh gepflanzt.
Fazit: Das gesunde, vitaminreiche Gemüse und der entspannende Faktor ist das Beste, was wir unserem Körper geben können. Lieber steck ich mein Geld in solch ein Gartenprojekt, als es in die Apotheke zu tragen.
Buchtipp: Joel Karsten, Genial gärtnern mit Strohballen, 144 S., Münster 2014