Die optimale Stickstoffversorgung der Kulturpflanzen

Die Nährstoffversorgung und somit das Wachstumspotenzial der Kulturpflanzen hängt stark von ihrer Stickstoffversorgung ab. Stickstoff ist der Motor der Nährstoffdynamik. Ohne das Einsetzen des Stickstoffflusses kommen die verfügbaren Hauptnährstoffe und Spurenelemente nicht oder nur unzureichend zum Zuge. Aus diesem Grund ist auf den Stickstoff und die Art des Stickstoffs ein besonderes Augenmerk zu richten.

Die Agrarwissenschaft hat in den letzten 200 Jahren ihr Augenmerk bekanntlich auf die Hauptnährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium gelegt. Vor gut 100 Jahren wurde das Haber-Bosch-Verfahren eingeführt, mit dem Luftstickstoff (mit hohen Erdölaufwand) in Nitrat und Ammoniumformen gebunden wird. Hierbei wurde zwar erkannt, dass der Stickstoff der Motor des Pflanzenwachstums ist, aber nur ein Teil der Gesamtwahrheit beinhaltet. Denn diese Stickstoffformen sind Einzelmoleküle wie Nitrat (NO3) und Ammonium (NH4).

Die Forschung entwickelte im Laufe der Jahre die Meinung, dass Pflanzen über die Wurzeln nur Nitrat- und Ammoniumstickstoff aufnehmen können. Dies führte zu einem der größten Irrtümer in der Pflanzenernährung und hatte weit reichende Folgen für das Immunsystem der Pflanzen. Denn durch diese Düngung werden sie so geschwächt, dass bis heute weltweit große Mengen an Insektizid- und Fungizidanwendungen notwendig wurden.

In neuerer Zeit stellte man fest, dass die Pflanze ein sehr schnelles, „geiles Wachstum“ erfährt, wenn sie Nitrat aufnimmt, die Begleitfolgen davon sind nachhaltig negativ. Die Pflanzenwurzel ist nämlich nicht in der Lage, den Nitratfluss zu begrenzen. Sie nimmt alles Nitrat auf, das Sie bekommen kann, sie überdüngt sich sozusagen selbst. Extremer Schädlingsdruck und erhöhte Schadpilzerkrankungen der Kulturpflanzen sind die Folge. Ferner ist Nitrat stark wasserlöslich und kann somit das Grundwasser nachhaltig belasten. Auch die Gefahr der Entstehung des stark klimaschädlichen Lachgas (N2O) ist hierbei zu erwähnen.

Diese Folgeerscheinungen der Nitratdüngung wurden von der Agrarwissenschaft als Problem erkannt, aber nur unzureichend gelöst. So kommen in der heutigen Zeit vorzugsweise Ammoniumstickstoffdünger mit Verzögerern zum Einsatz. Das Ammonium wird langsamer aufgenommen, es findet kein „geiles Wachstum“ mehr statt. Dennoch stellt die Ammoniumstickstoff- Düngung ein großes Dilemma für den Boden dar. Denn Ammonium ist die unterste Stickstoffform beim Abbau von organischer Substanz und somit Milieulenker im Boden. Dort wo Ammoniumstickstoff in größeren Mengen nachgewiesen wird, sind Fäulnisprozesse im Gang. Die Pflanzenwurzel ist von Fäulnisprozessen und Fäulnisbakterien umgeben. Dies führt zu vielen Pflanzenkrankheiten und erheblichem Schädlingsdruck, zu herabgesetzter Lebensmittelqualität sowie eingeschränkter Lagerfähigkeit, denn: Wer Fäulnis sät, erntet Fäulnis.

Aus dem Ammonium kann auch direkt Lachgas (N2O) entstehen und in die Atmosphäre entweichen. Wenn im Boden Sauerstoff dazu kommt, setzt sich das Ammonium über Nitrit zu Nitrat um. Dabei entstehen weitere Probleme. Nitrit ist ein direktes Wurzelgift und schwächt das schon angeschlagene Immunsystem der Pflanze. Kommt noch ein Sauerstoffatom dazu, entsteht wiederum das schon besprochene Nitratproblem oder wiederum Lachgas (N2O) (=Vergeudung + extremes Treibhausgas).

Aus diesen Erkenntnissen heraus muss aus meiner Sicht die Pflanzenernährungskunde neue Wege in der Stickstoffdüngung gehen. Schon vor 20 Jahren konnten wir bei unseren ersten Untersuchungen an der Universität Tübingen eindeutig nachweisen, dass ein gesunder Boden und optimal kompostierte organische Materialien große Mengen an Aminosäuren beinhalten.

Im zweiten Schritt konnten wir die agrarwissenschaftlichen Forschungsmeinung eindeutig widerlegen, dass die Pflanzen über Ihre Wurzeln nur Ammonium und Nitratstickstoff aufnehmen
können. Sie nehmen auch Aminosäuren auf! – Ein gut gelungenes Bokashi enthält übrigens auch große Mengen an Aminosäuren. Auch EMa enthält viele Aminosäuren (Stoffwechselprodukte der Mikroorganismen).

Aminosäuren als Schlüssel für gesundes Wachstum

Es gibt 23 verschiedene Arten von basischen und sauren proteinogenen Aminosäuren. Aminosäuren sind organische Stickstoffverbindungen, ihre Grundbestandteile sind: Stickstoff (N), Wasserstoff (H), Sauerstoff (O), Kohlenstoff (C).

Ferner gibt es phosphat-, kalium-, und schwefelhaltige Aminosäuren. Daraus wird schon ersichtlich, dass es sich nicht nur um einen reinen Stickstoffdünger handelt. Die Auswaschbarkeit der Aminosäuren im Boden ist sehr gering, da die Aminosäuren an den Tonhumuskomplex im Boden andocken. Aminosäuren sind der Aufbauprozess in der Natur.

Wenn entsprechende Voraussetzungen vorhanden sind, kann bei Ammonium, Nitrit und Nitrat Stickstoff entweichen, das zum klimaschädlichen Lachgas wird. Deshalb ist es wichtig, dass Mikroorganismen freies Nitrat zu Aminosäuren verstoffwechseln (Aufbauprozess). Dies sollte vorzugsweise außerhalb des Bodens im Bokashi, in Vinasse oder Kompost geschehen, wo große Mengen organischer Substanz (die Grundbausteine der Aminosäuren N, H, O, C sowie P, K oder S) vorliegen. Aus stabil aufgebauten Aminosäuren kann kein Lachgas mehr entstehen.

Erkenntnisse aus unserer Aminosäuren-Forschung

Die Pflanzenwurzel und die Mikroben gehen eine Symbiose ein. Sie kommunizieren ständig miteinander. So kann die Pflanzenwurzel von den Mikroben jene Nährstoffe bekommen, die sie benötigt. Im Gegenzug bekommen die Mikroben von der Pflanzenwurzel Polysacharide (Zuckerstoffe) zur Verfügung gestellt. Wir bezeichnen eine derartige Symbiose als Nährstoffdynamik im Boden.

Wir konnten feststellen, dass so ernährte Pflanzen ein außergewöhnlich gutes und gleichmäßiges Wachstum haben, sehr geringer Schadpilzbefall und Schädlingsdruck besteht, und hohe Erträge von außergewöhnlicher Lebensmittelqualität (festzustellen z.B. über die Redoxpotenzialanalyse), sowohl geschmacklich als auch lagertechnisch erzielt werden. Ferner ist die Nährstoffausnutzung, man könnte auch sagen, der Wirkungsgrad der Aminosäuren, in einem ganz anderen Bereich angesiedelt als bei Ammonium oder Nitratstickstoff. Hier können wir zuverlässig davon sprechen, dass die Pflanzen, die mit Aminosäuren-Düngung versorgt werden, bei gleichen Ertragsverhältnissen weit unter 50% weniger Stickstoff benötigen als herkömmlich mit Ammonium oder Nitratstickstoff gedüngte Pflanzen.¹

Tabelle: Der Stickstoffverlauf in der Natur

Warum wirkt die Vinasse so positiv auf das Pflanzenwachstum?

Zum einen produzieren die Mikroorganismen diese Aminosäuren. Zum anderen enthält die Vinasse in ihrer ursprünglichen Form fast ausschließlich Aminosäuren. Stickstoff in Form von Ammonium und Nitrat liegt nur in ganz geringen Mengen vor. Solch gute Vinasse weist einen Gesamtstickstoffgehalt von 2,5% bis knapp über 4% auf.

Ferner enthalten Vinassen große Mengen Kalium sowie Natrium, Calcium, Phosphat, Magnesium und große Mengen an Spurenelementen. In erster Linie sind hier Schwefel und Bor zu nennen, aber auch kleinere Menge anderer Spurenelemente, die für die enzymatischen Tätigkeiten der bodenbürtigen Mikroorganismen von großer Bedeutung sind. Das ist auch der Grund, warum der Mikrodünger der Firma EMIKO so gut wirkt. Allerdings darf schon etwas mehr als auf dem Etikett angegeben eingesetzt werden. Die Pflanzen benötigen nämlich schon gewisse Mengen an Hauptnährstoff, um optimal wachsen zu können.

Ausbringungsmengen: Um den Stickstofffluss und somit die Nährstoffdynamik in Gang zu setzen, empfehlen wir im zeitigen Frühjahr je nach Kulturart: 0,5 t/ha für Leguminosen, 1 t/ ha für Schwachzehrer, bis 2 t/ha für Starkzehrer (entspricht 50 ml Le, 100 ml Sz, bis 200 ml Stz je m2 als Erstgabe). Die Leguminosen bekommen keine weitere Düngung. Bei Schwachzehrern wird nach zwei bis vier Wochen nochmals 1 t/ ha (100 ml/m2) ausgebracht. Danach bekommen die Schwachzehrer keine weitere Gabe. Bei Starkzehrern wie Tomaten, Gurken, Paprika, Krautgewächsen wird nach zwei bis drei Wochen nochmals 2 t/ha (200 ml/m2) ausgebracht. Dieses Intervall wiederholt man bis insgesamt 10 t/ ha (1 Liter/m2) ausgebracht worden sind.

Im Profibereich wird diese Menge auch kontinuierlich mit Wasser und EMa über die Tropfenbewässerung ausgebracht. Sollten entsprechend große Mengen Bokashi gedüngt worden sein, ist die Vinassemenge zu reduzieren. Ein gut gelungenes Bokashi ist für die bodenbürtigen Mikroben natürlich immer vorteilhaft, besonders wenn es in Form von in der Blüte gemähter Grassilage vorhanden ist. Die wird als Mulch einfach auf den Boden um die Pflanzen abgelegt. Vorsicht, direkten Kontakt mit der Kulturpflanze vermeiden!

Ausbringung: Grundsätzlich mischen wir 10% bis 20% EMa vor der Ausbringung zur Vinasse. Die Ausbringung erfolgt großflächig in der Nähe der entstehenden oder bestehenden Pflanzenwurzel mit Pflanzenschutzspritze (Membranpumpe) mit G robdüsen. Im Hausgarten empfiehlt sich die Ausbringung mit dem Aqua-Mix mit grober Venturidüse. Im Frühjahr geben wir die Vinasse auf den Boden, pur oder in Verdünnung 1:1 bis 1:10 mit Wasser. Während der Hauptwachstumsphase (Mai bis Juli) je nach Kulturart 1:8 auf den Boden oder 1:50 bis 1:100 in die Tropfenbewässerung. Man kann auch direkt auf die Pflanzen in den Abendstunden mit einer Verdünnung von 1:200 bis 1:500 auf die Blätter der Pflanzen sprühen. Denn die Pflanzen können die Aminosäuren auch über das Blatt aufnehmen.²

Pflanzen nehmen Aminosäuren auf – ein Praxisbericht

Ein praktischer Beweis, dass Pflanzen über die Wurzeln Aminosäuren aufnehmen und optimal verwerten können, liegt am Beispiel eines Tomatenanbaubetriebs auf der Bodensee-Insel Reichenau vor.³

Seit Jahren wiederholt sich dort das gleich Spiel. Die öffentlichen Berater der Insel ziehen während der Hauptwachstumsphasen der Tomaten Bodenproben im Gewächshaus, um die Stickstoffmenge im Boden zu bestimmen. Immer wird so gut wie kein Ammonium oder Nitrat nachgewiesen. Die Berater stehen dann vor den üppigen, kräftig wachsenden Tomatenkulturen mit Ihren Analyseergebnissen und schütteln den Kopf. Sie fragen sich, wie das sein kann. Kein Stickstoff nachweisbar, aber solches Wachstum und solche Erträge!

Sie zogen den Schluss, dass das Nitrat und Ammonium in tieferen Regionen nachweisbar sein müsse. Aber auch in bis zu 80 cm Tiefe war dort noch weniger nachweisbar. Als ich Ihnen den Tipp gab, Sie sollen doch mal Aminosäuren untersuchen, stieß dies nur auf tiefes Unverständnis. Anhand der Tomatenerträge haben wir hochgerechnet: Ein Betrieb mit diesem
Ertragsniveau müsste konventionelle ca. 1000 kg/ha in Form von Ammonium oder Nitratstickstoff düngen. Mit der Aminosäuren-Düngung incl. EMa sind es unter 400 kg/ha Stickstoff.

Aufruf an die Wissenschaft

Ich spreche die Halbwahrheiten in der Pflanzenernährungskunde bei all meinen Kontakten und Besuchen von Universitäten an. Hierbei stoße ich nicht ganz auf taube Ohren; viele Wissenschaftler können sich vorstellen, dass Pflanzen über die Wurzeln Aminosäuren aufnehmen. Sie verweisen aber auf notwendige Forschungsarbeit vor Einsatzempfehlungen.

Aber die Frage ist doch: wie lange wollen wir noch an den seit 200 Jahren bestehenden dogmatischen Halbwahrheiten festhalten? Und das in einer Zeit, in der selbst die größten Agrarlobbyisten erkannt haben müssen, dass wir nicht mehr so mit unserer Umwelt weitermachen können. Die Weiterentwicklung der Pflanzenernährungskunde würde viel mehr Verständnis für die eigentlichen Vorgänge im Boden ans Tageslicht bringen. Verbunden wäre dies mit neuen Wegen in der praktischen Umsetzung, mit der Schonung der Umwelt, mit hohem Wirkungsgrad bei wenig bis keinen Pflanzenschutzmitteln, großen Erträgen und höchster Lebensmittelqualität.

Die Zeit ist reif, das Bewusstsein steigt stetig. Ich habe noch große Hoffnung auf eine positive Entwicklung mit EM, Aminosäuren-Düngung und Terra Preta. ZUM WOHLE ALLER UND ZUM BESTEN DES GANZEN!

Rolf Zimmermann

¹ Aus diesen Forschungserkenntnissen heraus habe ich meine Firma Amino-comp getauft. Amino = Aminosäuren,
comp = zusammensetzen:
Amino-comp = Aminosäuren Zusammensetzer

² Vorsicht beim Vinasse-Kauf! Es gibt Vinasse auf dem Markt, die über 4%, z. T. bis zu 8% Gesamtstickstoff enthält. Hier liegt über 50% des Stickstoffs in Ammoniumform vor. Solche Vinasse kann ich nicht empfehlen, da es dann wieder zum Milieuverschiebungsproblem im Boden und der gleichen Problematik wie oben beschrieben kommt.

³ Siehe auch den Bericht über diesen Betrieb im EMJournal 35

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