Frischer Wind weht seit über einem Jahr in den ländlichen Gebieten Haitis. Bereits ein Dutzend der attraktiven Food-Gärten lassen Tomaten, Zwiebeln, Rüebli und Co. aus allen Ecken, oder besser gesagt: Kurven sprießen. Denn Ecken hat ein Mandalla keine.
Jenseits der düsteren Medienberichte über den gescheiterten Wiederaufbau dieses kleinen, karibischen Inselstaates, macht die Stiftung Hand in Hand mit ihren lokalen Partner-organisationen die Erfahrung, dass Hunger weder mit geschenktem Essen, noch mit Geld zu bewältigen ist. Einzig mit in sich geschlossenen, intensiven Landwirtschaftssystemen, die sich permanent regenerieren und vor allen Dingen langfristig produktiv sind, kann eine nachhaltige Ernährungssicherheit erreicht werden.
Was ist ein Mandalla?
Das innovative Permakultur-System der Mandallas wurde vor etwa zwölf Jahren im Nord-Osten Brasiliens entwickelt und hat in den letzten Jahren auch Haiti erreicht. Auf 50 mal 50 Metern wird in der Mitte ein kreisförmiger Fischteich angelegt. Rund um den Teich leben Kleintiere wie Enten, Hühner oder Truthähne, aber auch Ziegen und Esel können nachts in diesem eingezäunten Ring rund um den Teich untergebracht werden. Dabei wird das Wasser im Teich durch die Ausscheidungen der Tiere bereichert, was den Tilapia-Fischen als wichtige Nahrungsquelle dient. Schließlich werden um diesen Tierkreiszaun neun konzentrische Ringbeete angelegt. Sie verkörpern die neun Planeten des Sonnensystems, und wie die Planeten um die Sonne kreisen, stehen auch die neun Ringbeete in einer engen Beziehung mit dem lebensspendenden Teich. Daraus wird nämlich das nährstoffreiche Wasser zur Düngung und Bewässerung über den angebauten Kulturpflanzen verteilt. Als in sich funktionierende Organismen entstehen so auch in Haiti vielfältige, lebendige Oasen.
Vorteile von Rund
Runde Formen wurden bereits von unseren Vorfahren zur Bewirtschaftung des Bodens gewählt (Bild Inkas). Im Mandalla verkürzt die Anordnung der Rundbeete die Distanz zwischen dem Teich und den zu bewässernden Flächen. Ausserdem hilft diese Anordnung die Fruchtfolge zu organisieren und vereinfacht die Übersicht über die verschiedenen Kulturpflanzen. Die runden Formen im Mandalla-Garten haben auch eine Auswirkung auf den Energiefluss.
Mandalla-Gärten in Haiti
In Haiti wurden bereits 12 verschiedene Bauernfamilien von lokalen Organisationen ausgewählt und bei der Errichtung ihres Mandallas begleitet. Die Familien erfüllen bestimmte Kriterien: verfügbares Land unmittelbar neben dem Wohnhaus, eine naheliegende Wasserquelle, motivierte und arbeitswillige Familienmitglieder. Der Aufbau eines Mandallas besteht aus folgenden Bereichen:
Fischteich und Wasserzufluss
In der Regel wird ein Wasserteich von sechs Metern Durchmesser von den Familien gegraben und von einem lokalen Maurer mit einer feinen Schicht Zement ausgekleidet. In stark lehmhaltigen Böden wird auf Zement verzichtet, da dort das Wasser nicht versickert.
Zaun und Unterschlupf für die Kleintiere
Mit den vor Ort vorhandenen Materialien werden Zaunpfähle eingeschlagen, gekaufte oder selbst geflochtene Gitternetze gespannt, sowie Eingangstore und Ställe für die Kleintiere gezimmert.
Ausheben und Bepflanzen der Ringbeete
Die Ringbeete werden mit innovativen Bodenbearbeitungstechniken gelockert und aufgestockt. Die dabei entfernten Steine werden über den Gehwegen verteilt. Die Familien planen selbständig die Fruchtfolgen, organisieren das Saatgut und ziehen Setzlinge eigens an. Meist werden schattenspendende und windschützende Bananenstauden im innersten Ringbeet, um das Tiergehege angelegt. Im äussersten Ring werden ebenfalls hoch wachsende Fruchtbäume gepflanzt. In den dazwischen liegenden Beeten gibt es eine stärkere Sonneneinstrahlung, so dass die rentablen Gemüsesorten (Tomaten, Paprika, Auberginen, Zwiebeln, usw.) gedeihen. Die Ecken werden zum Anbau von Futterpflanzen für die Kleintiere genutzt.
Bewässerung
Von Ort zu Ort ist die Wassersituation anders. Aber überall in Haiti ist die Trockenzeit lang. Mit Giesskannen und Eimern von Hand zu bewässern, ist auf Dauer zu energie- und zeitaufwändig. Mancherorts werden darum erhöhte „Wassertürme“ errichtet, wobei das Wasser aus den Teichen hochgepumpt wird; so kann mit Gartenschläuchen bequem über die Beete gegossen werden. Im Nordwesten werden spezielle Schläuche über den Ringbeeten befestigt. Dabei wird das Wasser durch das Röhrensystem gepumpt und spritzt aus kleinen Röhrchen, die aus Wattestäbchen zugeschnitten werden; so wird es gleichmässig über den Pflanzen verteilt.
Die EM-Technologie im Mandalla
Die Stiftung Hand in Hand arbeitet bereits seit vielen Jahren mit EM, insbesondere in der Behandlung von Abfällen und der Bekämpfung von Gerüchen. Durch die Mandallaprojekte und die grosszügigen Spenden von EM-lern, konnte sich die EM-Technologie aber zunehmend in der Tierhaltung, Fischzucht und Landwirtschaft etablieren. Der Einsatz von EM im
Mandalla-Garten ist vielfältig.
EM-Bokashi
Die durch Waldrodung und Erosion verarmten Böden werden mit Kompost und EM-Bokashi verbessert. Zur Herstellung dieser Bio-Dünger werden lokal vorhandene und erschwingliche Materialien genutzt. Zum Beispiel wird trockener Eselmist, Reishülsen, Bohnenschoten und Küchenabfälle gemischt und mit Zuckerrohrmelasse (oder -saft) und EMa angereichert und fermentiert.
EM-5
Die Nachfrage nach natürlichen Pflanzenschutzmitteln ist durch das Ungleichgewicht der Umwelt im ländlichen Haiti sehr gross. So fanden die Workshops zur Herstellung von EM-5 großen Anklang. 6 Teile Wasser, 1 Teil Essig, 1 Teil Schnaps, 1 Teil Zuckerrohrmelasse und 1 Teil EMa werden zusammen mit scharfen Chilischoten, Knoblauch und Neem-Blättern in
grossen PET-Flaschen während eines Monats fermentiert. Danach wird das EM-5 stark verdünnt (1:1000) präventiv und kurativ über die Kulturpflanzen gespritzt.
Fischzucht
Der Fischteich im Zentrum des Mandallas bietet Lebensraum für über 300 Süsswasserfische. Die permanente Bewegung dieses Fischschwarmes im runden Teich dynamisiert das Wasser auf eine besondere Weise. Zusammen mit den reichhaltigen Nährstoffen aus dem Kot der Fische und der Kleintiere wird dieses Wasser zu einem einzigartigen Dünger. Natürlich muss das Wasser stets wieder nachgefüllt werden. So kommt zusätzlich Sauerstoff in das leicht grünliche Wasser. Durch die Beigabe von EM wurde aber beobachtet, dass sich die Algenbildung in Grenzen hält. Das Wasser bleibt klarer, die Fische sind vitaler. Wird das EM-Fischwasser zur Bewässerung bzw. Düngung benützt, ist der positive Effekt auf die Gesundheit und das Wachstum der Kulturpflanzen enorm. Für den 30 m³ fassenden Fischteich genügt eine Galone (3,8 l) EMa pro Woche (ca. 1 : 10.000), um die Wasserqualität zu verbessern.
Tiergesundheit
Besonders in der Regenzeit leiden die Hühner unter Verdauungsstörungen. Mit der Beigabe von EMa im Trinkwasser (1:500) sowie durch das Sprühen von EMa über den gesamten eingezäunten Tierkreis, hatten die Bauernfamilien sehr schnelle Erfolge. Bereits geschwächte Hühner konnten so wieder auf die Beine gebracht werden.
Nachhaltigkeit
Dank der solidarischen Unterstützung der EMler in Europa, nicht zuletzt des EM e.V. Deutschland, konnten die Bauernfamilien in und rund um die Mandallas ganz vielseitig mit EM experimentieren. Die zur Aktivierung benötigte Zuckerrohrmelasse ist im ganzen Land vorhanden und auch für arme Landleute erschwinglich. Hand in Hand konnte das EM großzügig an die Bauern weiterreichen. Da die mittellose Landbevölkerung das EM aber nicht kaufen kann, müssen andere Lösungen gesucht werden. Hand in Hand arbeitet auch daran, den EM-Markt in Haiti so zu fördern, dass EM auch für die ärmeren Landsleute erschwinglich wird. Weiterhin werden Mandalla-Gärten in verschieden Regionen Haitis errichtet. Es braucht Zeit bist jeder Garten zu einem in sich funktionierender Organismus wird. Noch sind die Kleintiere, der Fischbestand und die gepflanzten Fruchtbäume am wachsen. Die ersten Erfahrungen zeigen aber bereits, dass die Mandalla-Gärten eine gesunde Alternative darstellen, um der Hungerproblematik in Haiti nachhaltig zu begegnen.
Berichte über EM in Haiti finden sich auch hier: